Donnerstag, 1. November 2007

Jan Wigger liebt ja doch nur Radiohead

Morgen ist es genau zwei Wochen her, dass das neue Jimmy Eat World-Album "Chase This Light" in Deutschland erschienen ist. Und was wurde nicht alles darüber geschrieben...! "Emo-Schlager" nannte Jan Wigger es und in diversen Foren wurde gestritten, ob das nicht alles viel zu poppig sei. Ich sage: Ach, leckt mich!

Natürlich besteht die Platte aus ingesamt mehr als 40 Minuten Hintergrund-Chören. Und natürlich ist man von den Vieren eigentlich mehr gewohnt als "Verse, Chorus, Verse, Chorus, Bridge, Chorus". Doch das stört höchstens solange, bis man sie entdeckt - die großen Momente und die schönen Zeilen. Ich breche übrigens in hysterisches Lachen aus, sollte sich jemand erdreisten und behaupten, dass die Texte 08/15-Emo-College-Scheiße sind. Ernsthaft: Jim Adkins mag zwar kein Poet sein, der mit seinen Worte abstrakte Welten erschafft, aber im Gegensatz zu all seinen Genre-Kollegen gelingt es ihm immer wieder, die Dinge, die irgendwie was mit dem menschlichen Miteinander zu tun hat, präzise, gefühlvoll und unpeinlich auf den Punkt zu bringen. Wobei ich den Begriff "gefühlvoll" schon jetzt anfange zu hassen, je mehr ich darüber nachdenke.

Wenn es Schwachpunkte gibt, dann tragen sie die Namen "Feeling Lucky" und "Here It Goes". Denn man ehrlich: Pop hin oder her, aber irgendwann ist auch mal gut und Avril Lavigne gehört aus dem Studio geschmissen. Aber das hätte eigentlich schon seit "The Authority Song" vom 2001er-Album "Bleed American" klar sein müssen. "Electable (Give It Up)" hingegen ist an sich ein schicker, nach vorne preschender Song, der live sicherlich Spaß macht. Aber warum besteht der Refrain zu 90% aus "Oh oh oh"? Hier übrigens noch eine kleine Geschichte, die ich lustig fand: Im offiziellen Forum der Band schrieb ein User, dass die Zeilen "Talking points from talking heads with automative smiles / There's no higher ground to stand than bottom of the pile / Give up acting unaware, you can't ignore the crime / The enemy is you as well, the enemy is I" auch aus dem Tagebuch des 12-jährigen Billie Joe Armstrong stammen könnten. Hm. Ja. Aber da stört's doch auch Niemanden.

Und solange Jimmy Eat World immer noch Songs wie "Let It Happen", "Carry You" (näher als in der Bridge dieses Songs war die Band seit der (zurecht!) gefeierten "Clarity" eben jenem Meisterwerk nie mehr), "Chase This Light" und "Dizzy" zustande bekommen, kann ich ihnen gar nicht böse sein. Denn egal wie trostlos der Tag war, und egal welche Abgründe in den Texten des Albums an sich zu finden sind, ich komme einfach nicht umhin, nach jedem Hören ein gutes Gefühl zu haben. Man möge mir lediglich noch erklären, warum "Be Sensible" es lediglich als Bonus Track auf das Album geschafft hat.

Jimmy Eat World sind letztlich wie ein guter Freund. Sie haben Macken, sie haben Fehler. Sie machen Dinge, die man ohne groß zu überlegen als "dumm" bezeichnen würde. Aber wenn es darauf ankommt, sind sie für einen da. Und jetzt wird's echt zu gefühlvoll.

Keine Kommentare: